Jana Wiesniewski


Gegen den Druck der Geschichte



Arbeiter Zeitung

Im Hauptraum und in der Galerie der Wiener Secession wurde die Ausstellung »JUNGE SZENE WIEN 1987« eröffnet. In diesem Jahr wurden Künstler im multimedialen Bereich zum zeitgenössischen Standpunkt versammelt.
Der kreative Widerstand gegen den Druck der Geschichte wird hier manifest. Die Secession kann nicht nur durch Renovierung und ein Bewußtsein für die Kunstgeschichte ihrem Namen gerecht werden, die Freiheit der Kunst ist die Freiheit des Ungesicherten. Die »JUNGE SZENE WIEN 1987« ist ein echter Muntermacher.
Große Emotion ohne nachvollziehbare Geschichte bot die Kammermusikalische Performance für sieben Akteure und Magnetbänder »Sonatra 21 7« von PETER A. EGGER. Im verdunkelten Raum setzen sich Installationen nebeneinander durch, Objekte mit Licht oder mit Video oder … im verdunkelten Raum steht Kunstauffassung neben Kunstauffassung ohne räumliche und geistige Trennung. Auf Ausstellungsarchitektur wurde nicht nur aus Kostengründen verzichtet, der müde Kojengedanke gleich vehement abgelehnt. Entstanden ist lebendiges Miteinander, bei aller Gegensätzlichkeit der Auffassungen. Die bereits bekannten Künstler und Secessionsmitglieder GRAF und ZYX haben gewählt und gestaltet und eine ungemein anregende Ausstellung zusammengebracht.
Einige besonders gelungene Arbeiten wären hervorzuheben.Technisch ist manches hervorragend, manches nicht ganz gelungen, was aber bei einer innovativen Ausstellung zu vernachlässigen ist. Auf der Videoliege von GUDRUN BIELZ und RUTH SCHNELL kann man leider nicht liegen und den überarbeiteten Porno sehn. Die Arbeit ist trotzdem gut.
Nah und Weis oder Heimleuchten Nr. 1, eine Installation mit kleinen Monitoren zwischen Glas und unter Wasser, Landschaften zeigend in gläsernen Pyramiden, die wieder in einer Landschaft aus Sand und Rost und Glas sich dem Geschichterlschreiber geschickt entzieht, bleibt auch wenn man den Ort verläßt präsent, schafft also Erinnerung, die sich langsam verselbständigt. Was PETER A. EGGER hier geben kann, ist eben. Kunsterlebnis.
MARGARETHE HABERL und DIETMAR KEPPEL haben eine differenzierte Lichtgraphik zustande gebracht, die sich fließend modifiziert … Auch der Objekt-Schattenvergleich von FELIX DORNER, drei Skulpturen, die sich in ihrem Schattenbild verändern, ist eine in sich stimmige Arbeit. Die wegen ihrer Trickfilme mit Gestaltwitz bekannte RENATE KORDON legt eine Installation mit 16-mmFilmprojektion hin, die einfach überzeugt. Die Fotoobjekte von ILSE HAIDER bringen einiges, wie die architektonische Monitormontage von MICHAEL ZINGANEL.
Eigentlich gibt es fast nur sehr gute Arbeiten. GRAF und ZYX haben ihren eigenen Qualitätsanspruch, die Latte, die sie bei ihrer eigenen Arbeit anlegen, auch den anderen Künstlern vorgehalten. Das ergab eine Ausstellung, die man ganz einfach sehen muß. KUNSTBAD.
Die Ausstellung ist bis 23. August zu sehen. Der Katalog, der die großteils neu entstandenen Arbeiten zeigt, wird in zehn Tagen zu haben sein. © JANA WISNIEWSKI

Mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin

23.07.1987

1987